Lyrik zu lesen bedeutet, sich auf eine Reise zu begeben. Sich auf das Wort- und Bilderuniversum der Künstlerin einzulassen. Es ist das, was ich an Lyrik so mag: dieses Entdecken neuer (Sprach-)Welten.
Ich lasse mich von Ruth Loosli an die Hand nehmen. «Ein Reiskorn auf meiner Fingerkuppe» heisst ihr neuer Gedichtband, erschienen im Caracol-Verlag. So nehme ich ihr Schreiben wahr: sie schaut auf ein Geschehen, nimmt ein Detail heraus, legt es zart auf ihre Fingerkuppe, betrachtet es genau. Und beschreibt es. Formt und beseelt es – das Gesamtgeschehen ist nachher ein anderes. Das farbige Reiskorn sticht aus der Masse.
Ruths Universum ist gross, ist der All-Tag: eine Nachricht im Radio, in der Zeitung, ein Sofa auf dem Gehsteig, eine kranke Freundin….ist auch das Geschehen, das wir den Medien entnehmen und das schreibend eingeordnet werden will. Keine leichte Kost. Doch nie sind Ruths Texte schwer, dazu spielt sie zu gern mit der Sprache, mit den Bildern. Und genau dieses Überraschende, Kecke, diese Lichtblitze im Dunkeln mag ich sehr.
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